Hybrid-Oberleitungsbus für Berlin-Spandau

Der Hybrid-Oberleitungsbus (HO-Bus) vereint die betriebserprobte Technik von konventionellen Oberleitungsbussen mit moderner Batteriespeichertechnologie. Sein Einsatz trägt auch zum Klimaschutz bei. So ermöglicht er einen zukunftsfähigen Betrieb, bedarf jedoch einer passenden Infrastruktur.

Wie lässt sich der Betrieb von Hybrid-Oberleitungsbussen ökonomisch und ökologisch sinnvoll umsetzen? Antworten darauf liefern die Expert*innen der PTV mit Machbarkeitsstudien.

Nutzen-Kosten-Analyse 

Projektbeschreibung

Um die Möglichkeiten, die Umsetzbarkeit, die Wirtschaftlichkeit und den möglichen Beitrag zur Emissionsminderung eines HO-Bus-Systems zu untersuchen, wurde im Rahmen der Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie des Bundes (MKS) das Projekt „Machbarkeit eines Hybrid-Oberleitungsbusbetriebs – ‘Berlin-Spandau‘“ vom BMVI beauftragt. Bestandteil der Studie war u. a. ein Systemvergleich mit anderen Betriebs- und Ladekonzepten für Elektrobusse und verschiedenen Implementierungsvarianten im aktuellen Netz.

Das Projekt wurde in Zusammenarbeit mit dem IFB Institut für Bahntechnik GmbH und der TU Dresden (Prof. Stephan) durchgeführt. Die PTV hat das Projekt geleitet.

Ausgangslage und Vorteile von HO-Bussen

Hybrid-Oberleitungsbusse sind lokal emissionsfrei und können folglich dazu beitragen, lokale Stickoxidemissionen und globale Treibhausgasemissionen zu senken. Strombetriebene Fahrzeuge, die Strom aus einer Oberleitung – teilweise in einer Batterie gepuffert – verwenden, bieten dabei besonders hohe Wirkungsgrade. HO-Busse erfüllen das Kriterium der Emissionsfreiheit, erfordern aber eine Infrastruktur mit verschiedenen Ausgestaltungsoptionen.

Der HO-Bus vereint die betriebserprobte und zuverlässige Technik von konventionellen Oberleitungsbussen mit moderner Batteriespeichertechnologie. Er ermöglicht dadurch einen leistungsfähigen und verlässlichen Betrieb ohne Einschränkungen, insbesondere für Linien mit hohem Passagieraufkommen und langen Umläufen. Durch den Einsatz eines Energiespeichers (Traktionsbatterien) an Bord der Fahrzeuge können Abzweige, Kreuzungen oder Streckenabschnitte, wo eine Elektrifizierung aufwändig oder aus ästhetischen Gründen unerwünscht ist, sogar fahrleitungsfrei ausgeführt werden. Das schafft Freiräume für eine stadtverträgliche und technisch flexible Gestaltung der elektrischen Netzinfrastruktur.

Elektrifizierungskonzept Berlin

Im Zuge der weitreichenden Elektrifizierungspläne für die gesamte Busflotte der Berliner Verkehrsbetriebe BVG bis 2030 wird für bestimmte Teile des Liniennetzes die Installation von Oberleitungen erwogen, die von mehreren Linien gemeinsam benutzt werden soll.

Moderne Batterie-Hybrid-Trolleybusse könnten in Berlin Spandau etwa 50-65 % des jeweiligen Linienwegs unter Fahrleitung nutzen und dabei auch ihre Batterien laden. Der übrige Linienweg abseits der Oberleitung sollen die Busse im Batteriemodus zurücklegen. Was mancherorts In-motion-Charging heißt, nennen die Berliner für ihre HO-Busse „Streckenlader“.

Vorgehen

Die Länge des untersuchten Netzes beträgt ca. 235 km. Berücksichtigt wurden 14 Buslinien für den Einsatz von bis zu 187 HO-Bussen (Gelenk- und Doppelgelenkbusse). Dazu wurden verschiedene Szenarien für die Konfiguration der elektrischen Fahrzeuge mit Energiespeichern und die Ausgestaltung und Dimensionierung der elektrischen DC 750 V Netzinfrastruktur erarbeitet. Wesentliches Ergebnis der Studie: Ein HO-Bussystem für Berlin-Spandau ist technisch machbar und wirtschaftlich.

Verschiedene Entwicklungsszenarien

Basierend auf einem Szenario A, das als Ausgangsszenario einen hohen Fahrleitungsanteil hat, wurde ein Szenario B mit einem minimierten Fahrleitungsanteil iterativ entwickelt. In Szenario C wurde die gemäß Berliner Nahverkehrsplan 2019-2023 und im ÖPNV-Bedarfsplan des Landes vorgesehene Implementierung einer Straßenbahn in Berlin-Spandau in Form eines reduzierten Betriebsprogramms für den HO-Bus berücksichtigt. Dabei wurde angenommen, dass einzelne Buslinien durch die Straßenbahn ersetzt werden.

 

Ergebnisse

Ein wesentliches Ergebnis der technischen Untersuchung ist, dass der notwendige Fahrleitungsanteil für die zur Realisierung empfohlenen Varianten zwischen 63 % (Szenario B) und 54 % (Szenario C) der jeweiligen betrieblichen Netzlänge liegt.

Auf Basis der Ergebnisse der technischen Machbarkeit wurde eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung durchgeführt. Hierzu wurden für die Szenarien des HO- Bussystems die Investitionen und die laufenden Betriebskosten über einen Betrachtungszeitraum von 30 Jahren ermittelt. Diese wurden mit den Betriebskosten eines konventionellen Dieselbusbetriebs und anderer möglicher Elektrobus-Technologievarianten (Depotladung und Gelegenheitsladung an den Endstellen, Endstellenladung) verglichen.

Im Ergebnis der Gesamtkostenbetrachtung, d. h. der projektspezifischen Lebenszykluskostenrechnung sind die auf den Platzkilometer bezogenen Annuitäten der verschiedenen HO-Bus-Szenarien in vergleichbarer Höhe und liegen niedriger als bei den Elektrobussen in der Ausführung als Depot- und Gelegenheitslader. Wesentliche Gründe dafür liegen im geringeren Fahrzeugbedarf und Betriebsaufwand des HO-Busses, da durch das Nachladen während der Fahrt keine zusätzlichen Ladezeiten an den Endstellen oder im Depot erforderlich sind.

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